Presseartikel komplett

 

Kronen Zeitung - 01. März 2013

Ein ruhiges Klangkonzept

von OL

Im Vergleich mit den großen Schwestern, den berühmten Passionen Johann Sebastian Bachs, hat die „Brockes-Passion“ von Georg Friedrich Händel ein wenig das Nachsehen. Im Vorfeld zum heurigen Osterfest setzte das Konzerthaus dieses selten gespielte Werk nun an.

Was an der von Reinhard Goebel geleiteten Aufführung am meisten auffällt, ist der ruhige Fluss, den der Dirigent in den dreistündigen Abend hineinbringt. Seine Sicht auf die barocke Passion ist keine, die von dramatischen Höhepunkten getragen wird oder die überzogen und überwürzt klingt.

Gleichzeitig aber spart er mit den Extremen auch in die andere Richtung, auch das Lyrische hält sich im Mittelbereich auf. Das bedeutet eine in sich ausgewogene Wiedergabe, die von einem stetigen Zug vorangetragen wird und gerade auch darum in sich geschlossen wirkt. Zumal das Ensemble „moderntimes_1800“ einen soliden und kompakten Ton bieten kann, der wie aus einem Guss wirkt. So wird die Passion in ein tragfähiges Klangkonzept gekleidet und lässt alle beteiligten Kräfte – wie auch die Wiener Singakademie – an einem Strang ziehen. Unterschiedlich allerdings die Sänger: Aus der Damenriege ragt Simone Vierling heraus, unter den Herren ist es vor allem die Leistung von  Maximilian Schmitt, die beeindruckt. Ein sauberer Abend!

 

Österreich – 27. Februar 2013

Julia Moretti in Aktion  

von E.Hirschmann-Altzinger 

Konzert. Der deutsche Barockgeiger Reinhart Goebel zählt zu den interessantesten Erscheinungen der Alten-Musik-Szene. Als 21-jähriger hatte er 1973 das Barockensemble Musica Antiqua Köln gegründet, das er in den 33 Jahren seines Bestehens zum interessantesten deutschen Originalklangensemble formte. Nach der Lähmung seiner linken Hand löste er 2006 seine Barockband auf; seither dirigiert er Symphonieorchester. Am Montag gastiert der geniale Musiker am Pult des vom Geiger Ilia Korol und der Oboistin Julia Moretti – Tobias Morettis Ehefrau – gegründeten Tiroler Originalklangensembles moderntimes_1800 im Konzerthaus. Aufgeführt wurde Händels Brockes-Passion über das Leiden des geschundenen Gottessohnes. Eigenwillig und expressiv musizierten Goebel und moderntimes Händels einziges deutsches Oratorium. Ovationen!

 

Stefan Schlögl Journalist-Blog - 26. Februar 2013

moderntimes 1800 - G.F. Händel, Brockes-Passion

von Stefan Schlögl

Keine Auseinandersetzung, bloß ein Streiflicht. (Ich fühle mich völlig ausgedörrt wie ein vergessenes Hendl am Feuerwehrfest-Griller, was nun wirklich nicht am Konzerthaus liegt.) Womit wir auch beim Thema wären: Georg Friedrich Händel “Der für die Sünde der Welt gemarterte und sterbende Jesus”, besser bekannt als Brockes-Passion. Den orchestralen Teil bestritt das Ensemble moderntimes_1800, ein dem Originalklang verpflichteter Klangkörper, den Chor die Wiener Singakademie unter dem Dirigenten und Professor für Alte Musik am Salzburger Mozarteum, Rainhard Goebel. Gesangs-Solisten waren im Laufe des Abends sieben zugange, und dieser Abend war lang – knapp dreieinhalb Stunden – und in seiner Wirkung unentschieden. Zuvor aber noch ein kleiner Info-Block.

Namensgeber Barthold Heinrich Brockes (1680 -1747), seines Zeichens wohlhabender Hamburger Kaufmann, ergo ein Pfeffersack, schrieb das Libretto, mit dessen Vertonung der Jurist, Pietist und Politiker seine Bewerbung für das Amt des Ratsherren in seiner Heimatstadt zu befördern gedachte. Man stelle sich vor: ein Wiener Politiker würde heute versuchen, mit einem Text für eine Orchesterstück seine Aussichten auf einen Gemeinderatsposten zu verbessern – und sodann das von einem Komponisten vertonte Libretto bei sich daheim aufführen lassen. Vor 500 Gästen – so wie es Brockes tat. Nun: der Lohn wäre der letzte Listenplatz beim nächsten Wahlgang, erkleckliche Häme von den Medien und ein schöner Shitstorm. Damals gehörte derlei zum guten Ton des universal interessierten Bildungsbürgers mit politischer Ambition. Heute gründet man eine Facebook-Gruppe.

Brockes’ Text wurde gleich mehrfach vertont, so auch von Georg Friedrich Händel, der für mich, einem treuen Bachianer, so etwas wie der Rolling Stone der Barockmusik ist. Zweifellos gut, aber gegen den Chef-Beatle aus Leipzig kommt er einfach nicht an. Das hat seine Brockes-Passion dann auch bestätigt. Die ist von schönem Pathos durchdrungen, unterstützt den Text und also akustisch den Leidensweg Christi bis hin zur Kreuzigung vortrefflich, bleibt aber im Vergleich zu einer Matthäus-Passion ohne einen echten Höhepunkt, um nicht zu sagen einen Hit. Richtig zündend war dann auch nicht die Darbietung von moderntimes_1800, einem in Tirol verorteten, jungen Kammerorchester. Stattdessen gab’s eine zweifelsohne gelungene Interpretation, die sich aber in Summe damit zufrieden gab, gewissenhaft aus dem Kanon der Alten Musik zu schöpfen – aber auch jeden Ansatz unterband, eine neue Facette zu entdecken oder die Literatur ein bisserl querzubürsten. Sehr Originalklang eben.

Die Luft, gleichsam der Freiraum, der sich folglich bot, gab mir  zumindest die Möglichkeit, über ein paar Dinge kräftig nachzudenken. So gesehen ein inspirierender Abend

 

Österreich - 25. Februar 2013

Highlight Alter Musik

von E. Hirschmann-Altzinger

Reinhard Goebel dirigiert das Ensemble moderntimes 1800 mit Julia Moretti.

Konzert. „Welch eine Erleuchtung in einem Meer von Mittelmäßigkeit“, schrieb die New York Times vor 20 Jahren über den genialen deutschen Barockgeiger Reinhard Goebel. Der Gründer und Leiter der Musica Antiqua Köln hatte 33 Jahre lang mit seinen eigenwilligen Interpretationen der Werke von Bach, Telemann oder Biber für Furore gesorgt. Nach der Lähmung seiner linken Hand im Jahr 2006 löste er sein Barockensemble auf und dirigiert seither vor allem moderne Symphonieorchester.

Religiös. Heute gastiert der Meister der Alten Musik am Pult des Originalklangensembles moderntimes_1800, in dem Tobias Morettis Ehefrau Julia Oboe spielt, im Wiener Konzerthaus. Auf dem Programm steht Händels einziges deutsches Oratorium, Der für die Sünde der Welt gemartert und sterbende Jesus, das der Caro Sassone 1716 zum drastischen Text des Hamburger Ratsherren und Dichters Barthold Heinrich Brockes komponiert hatte.

Händels Fassung der Brockes-Passion besticht mit liedhaften Arien und epischen Rezitativen durch ihre leidenschaftliche religiöse Rhetorik.

 

Süddeutsche Zeitung - 13. Dezember 2011

Ohne Wärme - Weihnachtskonzert des BR-Chores

München - Schmal die Lippen im bekannten Altersporträt, freudlos die Augen: Heinrich Schütz gilt als Inbegriff des Protestantismus in der Musik. Dabei entfacht die 'Weihnachts-Historie' des 75-Jährigen ein ganz erstaunlich sinnlich-theatrales Potential, wenn man es vom Ensemble moderntimes_1800 mit dem historischen Instrumentarium hört: mit Dulzian, Zinken, Violone oder gleich einem ganzen Gamben-Consort für den Auftritt des Engels. Der schlägt bei Katja Stuber zudem ganz bezaubernd eifrig mit den Flügeln, weil sie ihren glockenhellen Sopran mit geballter Sprungkraft zu unterfüttern weiß. Julian Prégardien erzählt mit seinem warmen und lichten Tenor als Evangelist wunderbar natürlich. Nur der Chor des Bayerischen Rundfunks, teils solistisch besetzt, bleibt daneben trocken, prosaisch, unterkühlt.


Es ist überhaupt ein merkwürdiges Sammelsurium von Weihnachtsprogramm, das der Künstlerische Leiter Peter Dijkstra für das Zweite Abonnementkonzert des Chores im ausverkauften Prinzregententheater zusammengestellt hat: Nach Schütz hört man da den süßlichen Latein-Englisch-Klassik-Pop mit E-Gitarre von Gabriel Jackson ('Ave regina caelorum'), das mystisch aufgespreizte 'O magnum mysterium' von Morten Lauridsen oder danach wiederum die subtil einfachen 'Quatre motets pour le temps de Noål' von Francis Poulenc. Doch bleibt das Befremdlichste am esoterischen Mix, wie farblos und austauschbar das alles klingt. Dijkstra scheint dem BR-Chor für jede Musik die selbe gerade, weiße, vibratolose Tongebung zu verordnen. Die bekannte - und in der Tat rühmenswerte - Präzision und Sauberkeit wirken da fast schon wie ein Deckmäntelchen für eine anämische, sklerotische, in schlimmeren Momenten strohige und löchrige Klanglichkeit.

Die ach so feinsinnigen Differenzierungen unterhalb eines ewigen Mezzopianos bestätigen nämlich nur noch den eigenen Snobismus, wenn sie nirgends mehr aus der konkreten Textgestaltung oder aus so etwas wie Musizierfreude hervorgehen. Es mag ja Zeiten gegeben haben, da Chöre massig, wabernd und vor allem laut klangen. Dijkstra aber erzieht sich bloß das umgekehrte Klischee, wenn er jede Art von Wärme und Fülle von vornherein aussperrt. Michael Stallknecht

 

Wiesbadener Tagblatt - 19. August 2008

Dunstig-nebulös - Das Ensemble "moderntimes 1800" in Eberbach 

Von Stefan Schickhaus

Diese Schubert-Sinfonie hat sich einen neuen Beinamen verdient. Die Vierte, bisher bekannt als die "Tragische", wurde gespielt in der Basilika von Kloster Eberbach - doch "Die Unheimliche" sollte sie heißen, denn gespenstisch und unheilvoll klang die langsame Einleitung, dunstig-nebulös. Verantwortlich für den Spannungsschleier war ein junges Orchester.

Vor wenigen Monaten erst erregten CD-Anzeigen in Fachmagazinen die Aufmerksamkeit, denn man wusste mit diesem Namen nichts anzufangen: "moderntimes 1800". Dabei handelt es sich um ein in Innsbruck ansässiges Originalinstrumente-Orchester, das sich auf die Literatur um das Jahr 1800 konzentriert. 1816 komponierte Schubert seine vierte Sinfonie, sie gehört also durchaus zum Kernschatten dieses von Ilia Korol und Julia Moretti initiierten Orchesters, das bislang selten in derart großer Besetzung aufgetreten war.

Das Nebel-Zwielicht der Adagio-molto-Einleitung wollte sich nun beim Rheingau Musik Festival allerdings leider nicht so recht aufklaren. Ilia Korol am Dirigentenpult hatte ein recht basslastiges Klangkonzept, den drei Kontrabässen und vier Celli standen lediglich fünf erste Geigen gegenüber, die auch noch gerne zu tief intonierten.

Was an klangneutralem Ort wohl markant gewirkt hätte, wurde in der Klosterbasilika aber zum großen Gemurmel, dem Klang fehlten alle Spitzen. Dazu kamen individuelle Probleme: Die offene Flöten-Passage im Trio des Menuett-Satzes wackelte gehörig, ebenso später ein Cello-Solo im zweiten Konzertteil.

Positiv allerdings, und das macht das Projekt "moderntimes 1800" zur dennoch unbedingt hörenswerten Angelegenheit, ist der überaus pointierte Umgang mit der Partitur. Vorhaltsdissonanzen werden da ausgekostet. Die durch die Bank jungen Musiker sehen sich augenscheinlich als Gegenkräfte zu jenem Charlie Chaplin, der im Film "Modern Times" so sehr Rädchen im Getriebe ist.

Im zweiten Teil dann, bei Beethovens Oratorium "Christus am Ölberge", hatte Daniel Reuss die Leitung des Orchesters und des Chores Cappella Amsterdam inne, ein erfahrenerer, aber auch weniger auf Extreme setzender Dirigent. Bestens zur Musizierhaltung von "moderntimes 1800" passte dabei der Tenor Markus Brutscher: Nicht alles saß bei ihm lotgenau, doch das Singen mit Verve und Risiko, frontal und ungeschützt mit elektrisierenden Momenten machte ihn jedem Routinier überlegen.

 

Frankfurter Neue Presse – 19. August 2008

Das Orchester putzt die Ohren

Von Michael Dellith

Die Truppe «moderntimes_1800» frischte beim Rheingau-Musik-Festival im Kloster Eberbach Schubert und Beethoven auf.

Es gibt sie noch, Ensembles, die in die mittlerweile etwas in die Jahre gekommene Originalklangbewegung frisches Blut pumpen. Zu ihnen gehört «moderntimes_1800», ein junges österreichisches Kammerorchester mit Sitz in Tirol, das 2003 von dem Geiger Ilia Korol und der Oboistin Julia Moretti gegründet wurde. Ihre Absicht war es, eine Truppe aus einer neuen Generation von Musikern zu bilden, die in der historischen Aufführungspraxis ebenso beheimatet sind wie in der Musik des 20. Jahrhunderts. Dass dieses Konzept prima aufgeht, zeigte der Abend im Kloster Eberbach, wo «moderntimes_1800» Schuberts vierte Sinfonie in c-Moll, die «Tragische», mit solch pulsierender Vitalität angingen, dass man eine Vorstellung davon bekam, wie es den Zuhörern vor rund 200 Jahren gegangen sein musste, als sie dieses Werk zum ersten Mal erlebten. Die Österreicher spielten unter Ilia Korols quirliger Leitung «ihren» Schubert mit solcher Lust und Energie, dass die Akzente regelrecht explodierten. Hier wurde nichts glatt- und schön gebügelt. Der Klang präsentierte sich – bei aller Kultiviertheit – verblüffend aufgeraut, erhielt Profil und Farbe, ohne dass man Eleganz und Leichtigkeit vermissen musste – ein Orchester, das die Ohren putzt! 


Der exquisite Eindruck, den das Ensemble bei Schubert hinterließ – bei Beethoven steigerte er sich nochmals, zumal man mit der «Cappella Amsterdam» einen ebenso vorzüglichen und der Aufführungspraxis entsprechenden Kammerchor für die Interpretation des Oratoriums «Christus am Ölberge» zu Verfügung hatte. Markus Brutscher gab einen klar deklamierenden Jesus, bestens assistiert von Julia Sophie Wagner als Seraph und Florian Boesch als Petrus. Unter dem Dirigat des Chorspezialisten Daniel Reuss vollzog sich die Dramatik des leidenden Christus dynamisch kontrastreich und außerordentlich packend. Großer Jubel.

 

Fono Forum - Mai 2008

Vertrauen als Motivation

Der Name ist Programm: „Moderntimes_1800" heißt ein 2003 von der Oboistin Julia Moretti und dem Geiger Ilia Korol gegründetes Instrumentalensemble. Ziel der Musiker ist es, die Modernität der jeweiligen Komponisten zu ihrer Zeit herauszuarbeiten. Dies und wofür die Zahl 1800 steht, erfuhr Gerhard Persche im Gespräch.

Wir treffen Ilia Korol in Wien, im Cafe Landtmann, gegenüber dem Burgtheater, und das hat Symbolcharakter. Denn das Wiener Kaffeehaus war und ist Welttheater, Bühne vielfältiger Individualitäten, zudem eine interdisziplinäre Brutstätte, in der Ideen schnell und intensiv ausgetauscht werden. Und all dies passt wohl auch auf Korol und das Ensemble „Moderntimes _1800", dessen dirigierender Konzertmeister er ist. „Für mich", sagt der in der Ukraine geborene Russe mit österreichischem Pass philosophisch, „ist Musik eine Art Energie, die menschliche Gedanken durch Assoziationsreihen in einen gewissen Zustand verwandelt. Wenn dies gelingt, schweigen unsere Vorurteile, und unsere Seele kann die Welt spiegeln." Was wie ein Satz von Kant klingt, ist in der Praxis, beim Hören der Einspielungen des Ensembles beinahe physisch als elektrisierende Musizierfreude zu spüren.

Korol war schon als Student in Moskau ungeheuer neugierig auf das gesamte abendländische Musikspektrum, nicht nur auf jene Ausschnitte, auf die sich das Studium konzentrierte. „Ich kenne Schostakowitsch und Prokofjew vermutlich besser als viele - aber für mich war das nicht genug. Ich hatte viele Fragen, beispielsweise, was die Epoche des Barock betrifft. Russland hat keine Barocktradition; es wurde alles importiert, vor allem aus Italien, auch aus Deutschland. Wie wir in Russland Bach gespielt haben, aber auch Mozart, Haydn, war einfach hilflos. Wir hatten eine an sich sehr gute Ausbildung, was Harmonielehre, Formenlehre et cetera betrifft, aber nichts in Sachen Stilistik und Aufführungspraxis."

Um seinen Horizont zu erweitern, verließ Korol Russland, kam nach Österreich. Er spielte als Konzertmeister in verschiedenen Formationen und lernte dabei die Oboistin Julia Moretti kennen. „Ich wusste, dass Julia auch auf der Suche nach etwas Neuem, Anderem war. Wir bemühten uns, Leute mit genuiner Liebe zur Musik zu finden. Nicht etwa solche, die zuerst sich selbst lieben und Musik als Mittel zur Selbstdarstellung brauchen. Sondern Musiker, denen Musik unter den Nägeln brannte und die aus der Konvention des Musikbetriebs ausbrechen wollten."

2003 gründeten Moretti und Korol „Moderntimes_1800". Von Anfang an stand dabei das Interesse an den Unterschieden verschiedener Epochen, aber auch an den kulturellen und gesellschaftlichen Entwicklungen innerhalb einer Epoche im Mittelpunkt. Daher war es Anliegen, auch die aktuelle Moderne einzubeziehen - das Ensemble möchte in der historischen Aufführungspraxis ebenso beheimatet sein wie in der Musik des 20. Jahrhunderts. Es widmet den großen Orchesterwerken ebenso viel Aufmerksamkeit wie intimster Kammermusik. Eben erschien eine CD, auf der Korol und die Pianistin Natalia Grigorieva, ebenfalls Mitglied des Ensembles, Violinsonaten von Brahms erstmals auf historischen Instrumenten interpretieren. Korol: „Der Kern besteht aus etwa 25 Musikern, aber wenn wir wie in diesem Sommer Schuberts AsDur-Messe aufführen oder Beethovens,Christus am Ölberge', dann erweitern wir das Orchester natürlich auf bis zu 50 Musiker."

„Moderntimes_1800" bedient sich des Instrumentariums und der Spielweisen der jeweiligen Entstehungszeit der Werke, wobei die Zahl 1800 für die kulturhistorische Wasserscheide steht, als Symbol für den Umbruch von der Klassik zur Romantik. Was das Gespräch konsequenterweise auf den Begriff „Authentizität" lenkt, zu dem Nikolaus Harnoncourt einmal äußerte, er könne als Mensch des 20. Jahrhunderts alles, was er an vergangener Kunst interpretiere, nur aus der heutigen Sicht sehen  allerdings auf der Basis der maximal möglichen Kenntnis der Grundlagen und historischen Gegebenheiten. Korol bestätigt diese Aussage: „Natürlich bin ich mit meiner Eigenart, meinem Charakter, meinen Vorlieben quasi ein Filter. Ich trage Verantwortung auch vor mir selbst  dass ich etwa, bevor ich an ein Werk musikalisch herangehe, ein Maximum an Material durchgesehen und es interpretatorisch in einem für mich möglichst authentischen Sinn umgesetzt habe."

Jüngstes Produkt ist die eben erschienene CD des „Licht" übertitelten Programms mit quasi neu entdeckten Werken von Carl Philipp Emanuel Bach, Johann Gottlieb Graun und Johann Adolf Hasse. Wobei der englische Programmtitel „Enlightenment" noch erhellender ist. Steht er doch nicht nur für die Epoche der Aufklärung, sondern zugleich für die Dramaturgie der Durchleuchtung, die allen Programmen des Ensembles zugrunde liegt: dem Interesse an kontrastierenden Epochen, aber auch an „gegenläufigen kulturellen und gesellschaftlichen Entwicklungen innerhalb einer Epoche". Woraus sich wiederum „Verflechtungen mit Literatur und verschiedenen dramatischen Formen bis hin zur Oper" ergaben, wie Veronika Zimmermann, Dramaturgin des Ensembles, es programmatisch formuliert.

So brachte man 2005 zur RuhrTriennale mit Tobias Moretti, dem Gatten der Mitbegründerin, die Collage „Der Seelen wunderbares Bergwerk" heraus, oder bei den Salzburger Festspielen 2006 Projekt mit Patricia Petibon; es wird um Liebe gehen. Und für 2009 planen wir wieder eine große Produktion mit Tobias Moretti."

Der Orchestersitz ist Innsbruck, nicht nur, weil Julia Moretti dort zu Hause ist und weil die Innsbrucker Festwochen das Renommee dieser Stadt in Sachen Alte Musik in die Welt trugen. Sondern, so Korol, „weil es dort seit langem die Bestrebung gibt, ein eigenes Orchester der Alten Musik zu schaffen, ein Ensemble, das auch in der Lage ist, über den Rahmen des Festivals für Alte Musik hinaus nach außen zu wirken".

Für ein solches Ensemble suchten und fanden Moretti und Korol „junge Musiker, die fit sind - nicht nur handwerklich, sondern auch im Kopf, die Spaß haben, mit denen man musikhistorisch und stilistisch einen großen Bogen spielen kann. Das geht nicht nur über den Intellekt - obwohl ich Intellekt bei Musikern sehr schätze, sondern auch über das Herz", so Korol. „Ich brauche Vertrauen, das ist meine Motivation. Einer unserer Musiker, der schon in der ganzen Welt gespielt hat, sagte, er hätte so eine Atmosphäre beim Musizieren noch nie gehabt."